Warum Mg-Knetlegierungen?

Leichtbauwerkstoff Magnesium:
 
Der Einsatz von Leichtbauwerkstoffen und Leichtbaustrukturen und dabei insbesondere die Nutzung von Magnesium-Knetlegierungen (Mg-K) haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Ursache dafür sind
 
  • Wachsende Mobilität 
    Die zunehmende Globalisierung von Industrie und Handel sowie ein verändertes Freizeitverhalten der Menschen werden auch in Zukunft zu einer weiteren starken Zunahme des Verkehrsaufkommens führen. Da der Energieaufwand und die Kosten der Mobilität wesentlich vom Gewicht sowohl des Transportmittels als auch des Transportgutes abhängig sind, wird der industrielle Leichtbau zunehmend im Fokus stehen. Besonders für die in den nächsten Jahren zu konzipierenden Elektrofahrzeuge wird der Einsatz von Mg-K eine wichtige Rolle spielen. 
  • Steigende Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Dynamik von Produkten bei gleichzeitig einfacher und ergonomischer Handhabbarkeit 
    Bei vielen Produkten ist ein geringes Gewicht ein wesentlicher Leistungs- und Qualitätsfaktor. So sind Kunden häufig bereit für ein leichteres Produkt einen deutlich höheren Preis zu bezahlen (z.B. bei Sport- und Haushaltsgeräten). Geringere Massen in bewegten Teilen ermöglichen bei gleicher Antriebsleistung ein schnelle-res und präziseres Arbeiten und verbessern somit die Leistungsfähigkeit.
  • Steigende Energie- und Kraftstoffpreise 
    Aufgrund der geringeren Trägheit ermöglicht der Einsatz von Leichtbauwerkstoffen bei gleicher Leistungsfähigkeit des Produktes eine Verringerung der erforderlichen Antriebskräfte und somit eine Verbesserung der Energieeffizienz. Der prognostizierte Anstieg der Energie- und Kraftstoffpreise wird den Einsatz von Leichtbauwerkstoffen und somit die Anwendung von Mg-K begünstigen.
  • Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe 
    Magnesium ist einer der wenigen Rohstoffe, die auf der Erde in nahezu unbegrenzter Menge verfügbar sind. Die abbauwürdigen Rohstoffvorkommen sind zudem weit verteilt, so dass der Einfluss geopolitischer Risikofaktoren weniger zum Tragen kommt als bei anderen Werkstoffen. Nicht zuletzt ist auch in Deutschland das Potenzial für die Erzeugung von Primärmagnesium gegeben. So fallen Magnesiumverbindungen heute u.a. in großer Menge als Abfallprodukt bei der Kalisalzgewinnung an. Daneben lässt sich Magnesium auch aus Dolomit sowie aus Meerwasser gewinnen. Steigende Produktionsmengen in den nächsten Jahren sowie der technologische Fortschritt bei der Erzeugung von Mg-K dürften das Preisverhältnis gegenüber den derzeit etablierten Konstruktionswerkstoffen weiter zu Gunsten von Magnesium verbessern. Eine Verknappung und Verteuerung al-ternativer Roh- und Werkstoffe begünstigt ebenso den Einsatz von Mg-K.
  • Zunehmendes Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein 
    Auch das weltweit zunehmende Bewusstsein für den nachhaltigen und umweltverträglichen Einsatz von Rohstoffen begünstigt den Einsatz von Mg-K. So ist Mag-nesium absolut ungiftig und kann in der Natur von Tieren und Pflanzen problemlos aufgenommen werden. Magnesium ist zudem vollständig wiederverwertbar, was einen Vorteil gegenüber Leichtbaukunststoffen darstellt. Der Beitrag von Magnesium zur Senkung des Energie- und Treibstoffverbrauchs und damit zur Reduktion der Emission von Treibhausgasen ist ein weiteres Argument, dass den Einsatz von Mg-K befördern wird.
 
Vorteile gegenüber anderen Werkstoffen:
 
 
Magnesium-Knetlegierungen weisen aufgrund ihrer geringen Dichte (ca. 1,8 g/cm³) in Verbindung mit einer hohen Steifigkeit das beste Leichtbaupotenzial aller metallischen Konstruktionswerkstoffe auf. Weitere Vorteile liegen in einem guten Dämpfungsvermögen, einer guten Wärmeaufnahme und einem vergleichsweise unproblematischen Crashverhalten. Magnesium-Knetlegierungen lassen sich in vielfältiger Form bearbeiten (mit deutlich geringerem Werkzeugverschleiß als bei anderen Werkstoffen), sind gut schweißbar und nahezu vollständig recyclierbar. Da Magnesium an vielen Orten weltweit vorkommt und beispielsweise aus Meerwasser gewonnen werden kann (1,3 kg/m³ Meerwasser), steht es in unbegrenzten Mengen zur Verfügung und stellt eine nachhaltig verfügbare Alternative zu knapper werdenden anderen Werkstoffressourcen dar.
 
Durch die Erweiterung der Technologieplattform für die Herstellung und Verarbeitung von Magnesium-Knetlegierungen wird die Herstellung einer Vielzahl neuer Bauteile und Produkte aus dieser Werkstoffgruppe ermöglicht. Potenzielle Kunden, die Teile aus Magnesium-Knetlegierungen einsetzen, können von folgenden Vorteilen profitieren:
 
 
  • Gewichtseinsparung gegenüber der Verwendung von Stahl, Aluminium oder Kunststoff
    Aufgrund der hohen spezifischen Festigkeit und Steifigkeit von Magnesium kön-nen Bauteile, die aus diesem Material gefertigt werden, leichter ausgelegt werden als bei der Verwendung anderer Werkstoffe. Durch ein geringeres Gewicht lassen sich weitere Vorteile realisieren: Leichtere Teile weisen eine geringere Trägheit auf und erfordern bei gleicher Beschleunigung geringere Antriebskräfte und somit einen geringeren Energie- bzw. Treibstoffverbrauch. Eine möglich werdende Ver-kleinerung des Antriebs bewirkt weitere Gewichtseinsparungen, ebenso eine an die verringerte Belastung angepasste Aufhängungs- und Strukturkonstruktion. Die durch den Einsatz von Magnesium erreichten Gewichtseinsparungen können sich somit zum Teil multiplizieren. Neben Gewichts- und Treibstoffeinsparungen kann auch eine höhere Leistungsfähigkeit das Ziel des Einsatzes von Magnesiumteilen sein. So lassen sich beispielsweise im Fahrzeugbau durch eine Senkung des Schwerpunktes ein besseres Fahrverhalten oder im Maschinenbau durch geringe-re Trägheitsmomente präzisere Bewegungsabläufe realisieren. Im Fahrzeug- und Schiffbau sowie insbesondere in der Luft- und Raumfahrt kann durch eine Redu-zierung des Gewichts ggf. eine höhere Nutzlast realisiert werden.
  • Hohe Dämpfungskapazität
    Unter den metallischen Konstruktionswerkstoffen zeichnet sich Magnesium durch eine besonders hohe Dämpfungskapazität aus. Die Unterdrückung mechanischer Schwingungen gewinnt in der Technik zunehmend an Bedeutung. Ziel ist es, die Geräuschemissionen von Maschinen, Anlagen, Schiffen und Fahrzeugen so weit wie möglich zu reduzieren. Dadurch steigt einerseits die Umweltverträglichkeit und andererseits oft auch der Nutzungskomfort des Produkts. Außerdem erhöht sich die Lebensdauer belasteter Komponenten.
  • Abschirmung elektromagnetischer Strahlung 
    Bei Gehäusen für elektronische Geräte ist die Fähigkeit der Abschirmung elektromagnetischer Strahlung eine wesentliche Eigenschaft. Hier bietet Magnesium, wie auch andere metallische Werkstoffe, wesentliche Vorteile gegenüber Leicht-baukunststoffen.
  • gute Wärmeaufnahme
    Gehäuseteile für elektronische Geräte müssen oft die Funktion der Wärmeableitung übernehmen. Aufgrund ihrer besonders hohen Wärmekapazität bieten Magnesiumteile in dieser Funktion besonders gute Eigenschaften und wesentliche Vorteile bspw. im Vergleich zu Kunststoffteilen.
  • Gutartiges Beanspruchungs- und Bruchverhalten
    Im Falle einer Überbelastung bspw. im Falle eines Crashs ist das Bruchverhalten von Werkstoffen eine besonders wichtige Eigenschaft. Magnesium-Knetlegierungen zeichnen sich hier durch ein gut berechenbares Werkstoffverhalten aus. Fehler kündigen sich in der Regel durch Verformungen an, bevor es zum Bruch kommt und das Material nimmt viel Energie auf. Kunststoffe, Gusswerkstoffe und insbesondere Faserverbundwerkstoffe neigen dagegen öfter zum unkon-trollierten Bruch und müssen deshalb in der Regel von vorn herein stärker ausgelegt werden um im Belastungsfall eine entsprechende Sicherheit zu gewährleis-ten.
  • Differenzierung gegenüber Wettbewerb, Werkstoff als Imagefaktor
    Der Einsatz bestimmter Werkstoffe wird oft auch als Faktor für das Produktmarketing genutzt. So versuchen Hersteller sich durch die Verwendung von als beson-ders hochwertig oder innovativ geltenden Materialien von Wettbewerbern zu differenzieren. Da der Einsatz von Magnesium derzeit noch wenig verbreitet und vor allem aus Hochleistungsanwendungen (z.B. Raumfahrt, Motorsport) bekannt ist, eignet es sich, um aus ihm hergestellte Produkte als besonders innovativ wirken zu lassen.
  • Biokompatibilität
    Magnesium ist als wichtiges Spurenelement in allen biologischen Organismen enthalten und aufgrund seiner inhärenten Korrosionsneigung biologisch abbaubar. Es ist im Gegensatz zu vielen anderen Werkstoffen für Menschen, Tiere und Pflanzen weitgehend ungiftig. Somit kommen Magnesium-Knetlegierungen bspw. auch als geeigneter Werkstoff für medizinische Implantate infrage. Insbesondere in der Entwicklung resorbierender (sich im Körper selbst auflösender) Implantate bestehen mit der Nutzung von Magnesium wesentliche Potenziale, die sich mit anderen Werkstoffen so nicht realisieren ließen.
  • Recyclierbarkeit
    Durch politische Verordnungen wird vermehrt die Wiederverwertbarkeit der in in-dustriellen Produkten verarbeiteten Werkstoffe gefordert. Die neue Altfahrzeug-Verordnung der EU schreibt beispielsweise vor, dass zukünftig mehr 85% der in einem Fahrzeug verwendeten Werkstoffe einer stofflichen Wiederverwertung zu-geführt werden müssen. Da die Wiederverwertung metallischer Rohstoffe wesent-lich einfacher und kostengünstiger ist als die von Kunststoffen, bieten sich auch hier Vorteile für Magnesium gegenüber Leichtbauwerkstoffen auf Kunststoffbasis oder Faserverbundwerkstoffen.
 
Anwendungspotenziale: 

Zielmärkte für den Einsatz von Mg-K bilden alle leichtbaurelevanten Anwendungen, d.h. Produkte, in denen bewegliche Teile zu finden sind, die angetrieben werden müssen, sowie solche, die selbst bewegt bzw. transportiert werden. Neben sämtlichen Arten von Fahrzeugen betrifft dies vor allem Maschinen und Geräte, mobile technische Anlagen, Transportbehältnisse, Sport-, Freizeit- und Haushaltswaren, transportable Hallen, Aufzüge sowie Messe- und Bühnentechnik. Nach einer Studie der VDI Technologiezentrum GmbH in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (2007) werden bei Leichtbauwerkstoffen im Mittel Wachstumsraten von 10% pro Jahr erreicht. Vor allem die Substitution von Stahl- und Aluminiumbauteilen bildet ein großes Potenzial für Mg-K. Allein in Europa ergibt sich bei ausgewählten Stahl-Flacherzeugnissen und Aluminium-Halbzeug sowie -Profilen ein Gesamtpotential von 60-80 Mrd. € (Eurostat 2010), wovon rund 1-3% durch Mg-K erschlossen werden könnte.

Neben allen Anwendungen, bei denen Mobilität ein inhärentes Merkmal ist, wie dem Fahrzeugbau sowie dem Schienen und Luftverkehr sind folgende Zielmärkte besonders attraktiv:

  • Containerbau und Verpackungsindustrie
    Die Verwendung von Magnesiumblechen ermöglicht eine Gewichtsreduktion, die die Handhabung erleichtert und die Transportkosten senkt. Auch im Bereich der elektromagnetischen Abschirmung und der Schalldämmung bietet der Einsatz von Magnesium Vorteile. Neben Blechen werden auch Profilteile aus Magnesium benötigt, deren Herstellung in TeMaKplus konzipiert wird.
  • Konsumgüterindustrie
    Bei zahlreichen Konsumgütern stellt das Gewicht eine relevante Eigenschaft dar. Neben beweglichen Haushaltsgeräten und Gütern des Reisebedarfs stellen vor allem Elektronikgeräte (v.a. Kommunikationstechnik und Laptops) einen wichtigen Markt dar. Hier können Magnesium-Knetlegierungen beispielsweise für Gehäuse-teile zur Anwendung kommen. Vorteile sind neben dem geringen Gewicht auch die hohe Dämpfungskapazität, die Abschirmung elektromagnetischer Strahlung sowie die gute Wärmeaufnahme von Magnesium. 
  • Medizintechnik
    Hier ist Magnesium aufgrund seines geringen spezifischen Gewichts (wichtig z.B. bei Rollstühlen, Prothesen u.ä. Hilfsmitteln) sowie wegen seiner Biokompatibilität und Ungiftigkeit geeignet, als Werkstoff eingesetzt zu werden. Erforderlich ist die Entwicklung geeigneter Knotenelemente zur Verbindung von Magnesiumkompo-nenten. TeMaKplus wird die Möglichkeiten in diesem Bereich erweitern. Ein wei-teres Anwendungsfeld bilden resorbierbare Implantate, in denen die verstärkte Korrosionsneigung von Magnesium zum Vorteil ausgenutzt wird. Erforderlich hier-für ist die Entwicklung von Magnesium-Knetlegierungen mit verbesserter Duktili-tät, die ein unkontrolliertes Zerbrechen des Implantats und dadurch hervorgerufe-ne Verletzungen verhindern.
  • Geräte- und Maschinenbau 
    Durch die Gewichtsreduktion bei beweglichen Teilen, können die Energieeffizienz verbessert und Trägheitsmomente reduziert werden. Ebenso eignet sich Magne-sium zur Schwingungsdämpfung und Lärmreduzierung. Bei Werkzeugen erleich-tert ein reduziertes Gewicht oft die Handhabung und Ergonomie. Magnesium eig-net sich aufgrund seiner Fähigkeit zur elektromagnetischen Abschirmung sowie zur  Wärmeabführung als Material für Gehäuse elektrischer und elektronischer Geräte. Durch den Einsatz von Flügelrädern aus Magnesium im Bereich der Be-lüftung und Kühlung kann der Energiebedarf entsprechender Komponenten redu-ziert werden.
  • Sportgerätebau
    Im Sportbereich ist das Gewicht ein Leistungsfaktor. Somit bieten Sportgeräte ei-nen attraktiven Anwendungsbereich für Magnesium-Knetlegierungen. Im Bereich des Fahrrad- und Rennwagenbaus gibt es bereits erste Anwendungen. Weitere Sportgeräte bieten sich an.